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Stephan Tauschitz

Hohe Geistlichkeit,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Ehrengäste,
liebe Freunde der Ulrichsberggemeinschaft,
zunächst möchte auch ich mich für die Einladung hier und heute sprechen zu dürfen herzlich bedanken.
Alljährlich treffen sich hier am Ulrichsberg Veteranen, Kriegsheimkehrer und Angehörige um der Gefallenen und Opfer der beiden Weltkriege zu gedenken und alljährlich gibt es auch immer wieder die gleichen Diskussionen über dieses Ulrichsbergtreffen. Ist es noch zeitgemäß? Ist es eine Verherrlichung von Kriegsverbrechen oder gar ein Nazitreffen? Dürfen Politiker hier überhaupt sprechen? Darf das Bundesheer hier auf den Ulrichsberg hinauf? Und manch einer maßt sich sogar an ganz genau zu wissen, welcher Toten wir hier gedenken dürfen und welcher nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren ich bin der Meinung, wer solche Fragen stellt, hat den Sinn dieses Treffens nicht verstanden. Hier soll nicht geurteilt werden, hier gedenken wir der Toten und ihrer Hinterbliebenen. Wir gedenken der Opfer, der Soldaten, der Frauen und Kinder und in unserer christlichen Tradition gedenken wir auch jener verlorenen Seelen, die als Täter Schuld auf sich geladen haben. Sie alle hatten nicht das Glück in friedlichen Zeiten ein erfülltes Leben zu führen. Dieses Gedenken führt aber mehr als 60 Jahre nach Endes das Zweiten Weltkrieges noch immer - und in Wahrheit immer mehr - zu großen Diskussionen, die mir teilweise unverständlich sind, aber dem heutigen Zeitgeist entsprechen. Das Unvermögen aufeinander zuzugehen, zuzuhören und zu versuchen die Argumente des anderen auch zu verstehen, scheinen uns immer abhanden zu kommen.
Der Ulrichsberg, Mons Carantanus, vor diesem Hintergrund als große Chance zu begreifen. Geläutert und beseelt von dem Gedanken gemeinsam die Heimat wieder aufzubauen trafen sich unmittelbar nach Kriegsende da unten am Zollfeld jene, die sich Jahre davor noch als politische Gegner unerbittlich gegenübergestanden waren. Das Ziel: unserem Land eine Zukunft zu geben, es aufzubauen und Österreich Frieden und Freiheit zu schenken wog stärker als das sture Beharren auf Meinungen, Postulaten und Ideologien - Heimat war das Programm nicht die Partei. Und genau deshalb, genau deshalb leben wir seit siebzig Jahren in Frieden und Freiheit und seit dem Fall des eisernen Vorhangs sind die Völker Osteuropas auf dem selben Weg. Befreit vom Joch des Kommunismus und mit der Europäischen Union wächst Europa wieder zusammen und alte Wunden beginnen zu heilen.
Doch dieser Friede, den wir jetzt gerade genießen ist nicht so sicher wie wir meinen; der Krieg in Georgien vor wenigen Wochen und die Interessen Russlands in den ehemaligen Sowjet-Republiken zeigen uns ganz genau wie gefährdet diese neugewonnene Freiheit ist und dass wir sie keineswegs als Selbstverständlichkeit betrachten dürfen. Dieses Projekt Europa hat für uns einen Stellenwert, der niemals für kurzfristige parteipolitische Ziele aufs Spiel gesetzt werden darf und niemals dürfen Freiheit und Überwindung von Grenzen und wirtschaftlicher Aufschwung geopfert werden und niemals dürfen persönliche Interessen einzelner Politiker oder auch die Vorstellung eines Boulevardblattes dieses Friedensprojekt gefährden. Bei aller politischer Konkurrenz muss die europäische Integration außer Streit gestellt werden.
Wenn wir hier und heute aus allen Ländern zusammen kommen und der Greuel des Krieges erinnern, dann müssen wir uns auch erinnern wie alles begann: Wie der Parlamentarismus ausgehebelt wurde, weil die Parteien nicht mehr zueinander fanden, wie dadurch Demokratie in Verruf gerät und die Menschen den Glauben an die Demokratie verloren und am Ende standen einfach Lösungen für schwierige Probleme und einer, der das Blaue vom Himmel versprochen und die Hölle auf Erden gebracht hat. Der Rest ist unsere Geschichte.
Der Ulrichsberg als Mahnmal für die Folgen von blindem Hass, Egoismus und parteipolitischer Sturheit ist keineswegs üäberholt, ganz im Geiste der Kriegsheimkehrer sollte der Appell zur Versöhnung, Vergebung und die Einsicht in unsere eigenen Schwächen lauter sein als je zuvor. Mehr denn je sollten wir uns darauf besinnen, dass eine gemeinsame Zukunft nicht gegeneinander möglich ist, auch nicht nebeneinander, sondern nur miteinander. Danke vielmals.