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Offener Brief des Arbeitskreis gegen den Kärntner Konsens, an Minister Norbert Darabos.

17.September 2007

Sehr geehrter Herr Bundesminister,
wir treten an Sie im Zuge dieser Gedenkfeier auf keinen Fall heran um das ehrende Gedenken und Erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus in irgendeiner Weise zu schmälern. Die InitiatorInnen der Gedenktafel versuchen seit mehr als zehn Jahre diese Tafel aufhängen zu können, wir freuen uns mit ihnen, dass dies heute möglich geworden ist – zumal es in Klagenfurt/Celovec und in Kärnten/Koroška einen großen Nachholbedarf gibt, was die Errichtung von Gedenkstätten für die Opfer des NS und WiderstandskämpferInnen angeht.
Wir sind aber der Meinung, dass es auf der anderen Seite auch aktive heeresinterne Anstrengungen bedarf im Bundesheer von einer NS-Traditionspflege weg, hin zu einem glaubwürdigen Opfergedenken zu kommen.

Bei einer Aktion am 19.7.2007 vor dem Verteidigungsministerium haben wir Sie dazu aufgefordert, in Bezug auf die geplante Teilnahme von Bundesheerteilen an den Feierlichkeiten am Kärntner Ulrichsberg eine klare Stellungnahme abzugeben und einzuschreiten. Da sie von sich aus vor dem anstehenden revisionistischen Treffen von Gebirgsjägern im bayrischen Mittenwald mit einem Verbot der Teilnahme durch Bundesheerangehörige aufhorchen ließen, schien uns das als ein logischer Schritt. In einer aktuellen Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage (1221/AB) stellen Sie klar, dass "eine Teilnahme von Vereinen oder Verbänden mit Bezug auf Truppen oder Truppenteile der ehemaligen Deutschen Wehrmacht sowie anderer Organisationen des Dritten Reiches zwischen 1933 und 1945 im Rahmen der Traditionspflege des Österreichischen Bundesheeres untersagt [ist]. (...) Eine Teilnahme von Soldaten des Bundesheeres in Uniform (...) an Veranstaltungen solcher Vereine ist ebenfalls untersagt." (1221/AB, S. 2)
Unbegreiflich war demnach die Verlautbarung von Rudolf Gallob, Ulrichsberggemeinschaft, dass es auch 2007 wieder Unterstützung durch das Bundesheer geben wird. Diese Zusage basiert offensichtlich auf Zusagen seitens der Ulrichsberggemeinschaft an ihr Ministerium, sich nach "rechts" abzugrenzen. Wir haben in Dokumentationen mehrmals darauf hingewiesen, dass eine solche Abgrenzung per se unmöglich ist, da das Ulrichsbergtreffen ein Treffen von Jung- und Altnazis ist und immer war, teilweise verurteile Kriegsverbrecher daran teilnehmen und mit keinem Wort der Opfer des NS gedacht wird.

Die Ulrichsberggemeinschaft gab vor, sich von der SS-Veteranenorganisation "Kameradschaft IV" zu distanzieren. Bei der Ulrichsbergfeier 2007 wurde offiziell ein Kranz der KIV im sog. "Ehrenhain" aufgehängt (siehe Anhang). Weiters fungierte bei einem von der Ulrichberggemeinschaft ausgerichtetem Gemeinschaftabend in Krumpendorf ein Festredner der KIV. Die Abgrenzung der Ulrichsberggemeinschaft zu SS-Veteranen ist nicht existent.

Die Ulrichberggemeinschaft gab weiters vor RechtsextremistInnen und Neonazis von der Veranstaltung fernzuhalten. Bei den Feierlichkeiten 2007 nahmen nachweislich Mitglieder des flämischen, rechtsextremistischen "Voorpost" teil, welche mit flämischer Flagge vor den Gedenktafeln im "Ehrenhain" Aufstellung nahmen (siehe Anhang). Auch die Kleine Zeitung vom 17.9.07 spricht von rund ein Dutzend Neonazis, die von BVT/Polizei unbehelligt teilnehmen konnten. Also ist auch von einer Abgrenzung von jungen Nazis nichts zu merken.

(Stellungnahme des DÖW vom 17.9.07)

In der angeführten Anfragebeantwortung wird die Frage danach, welches Bild in der Öffentlichkeit erzeugt wird, wenn Gedenktafeln, die das Zeichen des Österreichischen Bundesheeres tragen, neben Tafeln verbrecherischer NS-Einheiten hängt, ignoriert (Tafeln siehe Anhang). Klar ist: Wenn sich vor diesen Tafeln Bundesheeroffiziere, Neonazis und NS-Fallschirmjäger in NS-Uniform die Hände schütteln, muss auch in diesem Punkt eine gewollte NS-Traditionspflege festgestellt werden.

Solch ein Zusammentreffen war vorauszusehen und ist seit Jahren dokumentiert und bekannt – das Ulrichsbergtreffen ist eines der letzten Treffen auf europäischem Boden, an dem sich Jung- und Altnazis, Geschichtsrevisionismus und Gedenken an den NS-Opfertod, die Hand reichen. Von dieser Rolle als Treffpunkt alter und neuer Nazis zeugen die zahlreichen europäischen TeilnehmerInnen. Die von der Ulrichsberggemeinschaft kolportierten "TeilnehmerInnen aus 17 Nationen" sind jedoch kein positiver Punkt oder gar Legitimation des Treffens, vielmehr ein Armutszeugnis für jene, die vorgeben in Österreich gegen Neonazis aufzutreten.

Das Bundesheer leistet seit Jahrzehnten logistische und materielle Hilfe für die Ulrichberggemeinschaft: Militärblasmusikkapelle, Ehrengarden, Kranzträger, Offiziere in Uniform, Kranzspende des Bundesheeres, Transport der TeilnehmerInnen zum Treffen. Damit erfährt dieses einschlägige Treffen nicht nur Unterstützung und Aufwertung. Es wird auch ein Bezug zu den Truppen des NS hergestellt – etwa durch die Tafeln und die Teilnahme von NS-Einheiten in Uniform.

Zwei Wochen vor dem Ulrichsbergtreffen wurde vom Bundesheer/BM.LV verbreitet, es wären alle Redebeiträge und Protokolle der letzten Jahre geprüft worden, daraus haben sich aber keine Bedenken ergeben. Wie ist dies möglich, wenn 2005 Rudolf Gallob, Ulrichsberggemeinschaft, klarstellte, dass keine Unterscheidung zwischen Waffen-SS und Wehrmacht zu ziehen sei, demnach auch SS-Einheiten am Ulrichberg herzlich willkommen seien. Damit verhöhnt er die Nürnberger Urteile und lädt Kriegsverbrecher dazu ein mit dem Bundesheer zu feiern. Nicht minder interessant die Rede von 2007, in dem die Regime unter Hitler, Stalin, Tito, u. Ä. pauschal gleichgestellt werden.

Für uns als 'Arbeitskreis gegen den Kärntner Konsens' ist diese Unterstützung durch das Bundesheer untragbar. Die Ulrichsberggemeinschaft und die ihr nahestehenden Veteranenverbände pflegen und verbreiten ein klar revisionistisches Geschichtsbild. Darstellungen und Umdeutungen die durch die Bundesheerpräsenz eine Legitimation erfahren.

Wir haben deshalb schon früher gefordert, und unterstreichen es heute nur noch vielmehr:
Die braune Traditionspflege des Bundesheeres am Ulrichsberg muss – als ersten Schritt – ein Ende haben. Man kann nicht "mit voller Härte gegen Neonazis" im Bundesheer vorgehen, wenn sie im gleichen Atemzug hofiert, beschallt, transportiert und unterstützt werden.

Eine Gedenktafel für die Opfer des NS wiegt nicht auf, dass am Tag zuvor mit eben diesen Tätern gefeiert wird!

-Bundesheer runter vom Ulrichsberg, jetzt sofort und für immer!
-Opfer-Mythen aufbrechen, noch lebende TäterInnen verfolgen und bestrafen!
-Gedenktafeln mit Bundesheer-Emblem abnehmen und die Initiatoren ausforschen!
-Kein Bundesheergerät am Ulrichsberg!
-Keine NS-Traditionspflege durch das Österreichische Bundesheer – nirgendwo!
-Teilnahmeverbot für alle Bundesheerangehörigen in Mittenwald, Ulrichsberg, überall.
-Dienstrechtliche Konsequenzen für jene, die sich den Bestimmungen im "Traditionserlass" widersetzen.
-Errichtung von Gedenkstätten für im NS Verfolgte
-Gedenkstätten für WiderstandskämpferInnen in Österreich – Deserteure, PartisanInnen.