Ulrichsberg sprengen - PartisanInnendenkmäler errichten!
...weil wir nicht warten wollen, bis die Kameradenverbände aussterben!
Beim Ulrichsbergtreffen in Koroška/Kärnten manifestiert sich bei den Gedenkfeierlichkeiten für Wehrmachts- und SS-Verbände jedes Jahr aufs Neue der Glaube an die kollektive Unschuld aller ÖsterreicherInnen am Nationalsozialismus.
"Diese Generation, die Österreich aus Schutt und Asche wieder aufbauen musste, bestand nicht aus Kriegsverbrechern. Sie hat diesen Krieg nicht gewollt, nie angestrebt, nie angeordnet und somit auch nicht zu verantworten." meint der Obmann der Ulrichsberggemeinschaft, Peter Steinkellner, 2006 am Berg.
Dieses Zitat des Obmanns der Ulrichberggemeinschaft ist nur ein Beispiel für den Grundkonsens, der seit 1958 am Berg vorherrscht. Die Verantwortung und Mitschuld am verbrecherischen Vernichtungsfeldzug von Wehrmacht und SS, der in ihren Augen weder verbrecherisch noch vernichtend war, sondern notwendige Abwehr gegen die "rote Gefahr aus dem Osten" darstellte, soll nicht bei der allgemeinen Bevölkerung gesucht werden, sondern auf eine kleine Riege von hochrangigen Nazis abgeschoben werden. Zur gegenseitigen Unschuldsabsicherung und Ohnmachtsausflucht existiert das Bild des denunzierenden Blockwarts von nebenan, der in der Erinnerung die Funktion der Disziplinierung und In-Pflichtnahme erfüllt. Die eigene (Familien-)Geschichte wird dadurch zur Nazi-freien-Zone. Ergebnis: "Pflichterfüller" bekunden sich gegenseitig ihre Unschuld und bekräftigen ihre Ablehnung von Deserteuren und PartisanInnen.
Dabei wird während der Feier an der "Heimkehrer- und Europagedenkstätte" der scheinbar unabwendbare Dienst in der NS-Armee durch den "notwendigen Abwehrkampf" gegen die "bolschewistischen Horden" legitimiert. Das Selbstbild der Kameraden und ihr "Opfertod im Feld" wird mit direkt übernommener NS-Propaganda und Revisionismus gefüllt und heroisiert. Und all diejenigen, welche nicht dabei gewesen sind, sollen gefälligst die Gosch'n halten! - oder es sich am Ulrichberg von den Tätern erklären lassen.
Die Ulrichsberggemeinschaft
Organisiert und ausgerichtet werden die alljährlichen Feierlichkeiten vom "Verein für die Heimkehrergedenkstätte 'Ulrichsberg'" (Ulrichsberggemeinschaft), dessen Aktivitäten sich bis in die unmittelbare Nachkriegszeit zurückverfolgen lassen. Die Ulrichsberggemeinschaft stellt einen Zusammenschluss u.a. vom "Österreichischen Kameradschaftsbund", dem "Kärntner Abwehrkämpferbund", dem "Kärntner Heimatdienst", der "Kameradschaft ehemaliger Gebirgsjäger", dem "Heimkehrerverband Kärnten", dem "Orden der Ritterkreuzträger" und der "Volksdeutschen Landsmannschaft" dar.
Gedacht wird der gefallenen Kameraden und ihrer "anständigen Pflichterfüllung" als Soldaten. Dabei wird der Mythos vom "Kampfes- und Opfertod" für die "Freiheit des Vaterlandes" in beiden Weltkriegen, wie auch im "Kärntner Abwehrkampf" genährt. Im Gegensatz dazu werden die Opfer von SS und des verbrecherischen Krieges der Wehrmacht beim Gedenken am Ulrichsberg bis heute schlicht ausgeblendet - wenn die Kameraden am Berg von Opfern sprechen, dann meinen sie sich damit stets selbst. In den letzten Jahren gibt es zudem das Bestreben, das Ulrichsbergtreffen als "Friedens- und Europafeier" zu präsentieren. Der Europabegriff, welcher am Ulrichsberg glorifiziert wird, bezieht sich allerdings auf die SS als Vorbild, deren Freiwillige aus allen Ecken Europas kamen. Ein "Europa der Völker" wird gefordert, welches im Gegensatz zu den "Vereingten Staaten von Europa" keine "Vermischung aller Völker" zum Ziel hat, sondern strikte ehtnisch-kulturelle Grenzen aufrecht erhalten soll. Entsprechend ist für Minderheiten oder MigrantInnen in solch einem "ethnisch reinen" Konzept kein Platz.
SS und Wehrmacht am Berg...
Nicht die leiseste und zurückhaltenste Kritik am Selbstbild ist am Ulrichsberg zulässig: Der Kärntner ÖVP-Landesvorsitzende Martinz beging bei den Gedenkfeierlichkeiten 2005 den Fauxpas Verbrechen der Waffen-SS in einem Nebensatz zu erwähnen, woraufhin ein großer Teil der ZuhörerInnen unter Pfiffen und Buhrufen den Veranstaltungsort verließ und der Präsident der Ulrichsberggemeinschaft, Rudolf Gallob klarstellte, dass Angehörige der Waffen-SS am Ulrichsberg selbstverständlich willkommen sind.
...und zusammen mit Neonazis in Krumpendorf am Wörthersee
Zentral für das Ulrichberg-Wochenende ist das Treffen der Kameradschaft IV (K IV), die aus Veteranen der Waffen-SS besteht. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt die Waffen-SS als vierten Wehrmachtsteil darzustellen. Damit versucht sie die Urteile der Nürnberger Prozesse, in denen die Waffen-SS klar als Teil einer verbrecherischen Organisation benannt wird, auszublenden. Das "Krumpendorf-Treffen" findet traditionell am Vorabend zum Ulrichsbergtreffen im kleinen Kaff Krumpendorf am Wörthersee statt. Hier wird laut Eigenwerbung "Hardcore" geboten, anreisende Neo-Nazis können sich von unterschiedlichen Stars der Szene wie der Himmler Tochter Gudrun Burwitz oder dem NS-Mörder SS-Obersturmbannführer Soeren Kam Autogramme geben lassen. Internationale Neonazi-Gruppen und Einzelpersonen werden beim Krumpendorftreffen aber auch selbst aktiv, 2006 sprach ein Vertreter der rechtsextremen und revisionistischen Militaristen-Vereinigung "Sharkhunters" aus den USA beim Kameradschaftsabend. Gerade deutsche Rechtsextreme reisen gerne nach Koroška/Kärnten an, ist im Umfeld des Ulrichsbergtreffens doch ein Auftreten möglich, das an anderen Orten vom Staatsschutz unterbunden werden würde. So wird in einem Artikel der "Deutschen Stimme" (dem Parteiorgan der NPD) im Herbst 2006 der kameradschaftliche Geist beim Ulrichsbergtreffen gepriesen und zu einer Anreise nach Koroška/Kärnten 2007 aufgerufen.
Der Kärntner Konsens
Im zweisprachigem Gebiet (slowenisch und deutsch) von Koroška/Kärnten, an der Grenze zu Jugoslawien, fand im Zweiten Weltkrieg der einzige umfassendere bewaffnete Kampf gegen das Nazi-Regime im damaligen Reichsgebiet statt. Den PartisanInnen wurde das nicht gedankt, im Gegenteil - die gesamte slowenischsprachige Bevölkerung wurde zum Sündenbock stilisiert: Koroška/Kärnten war und ist deutschnationale Hochburg, der Widerstand der PartisanInnen wird in einer zweifelhaften Kontinuität von Nationalsozialismus bis in die 2. Republik als "Bandenunwesen" diffamiert. Im Staatsvertrag von 1955, im berühmten Artikel 7, wurden grundlegende Rechte der slowenischsprachigen "Minderheiten" in Koroška/Kärnten und der Steiermark geregelt. Bis zum heutigen Tag werden diese Grundrechte missachtet und die Aufstellung zweisprachiger Ortstafel verhindert. Im Feindbild "des Slowenischen" verbindet sich ein Alltagsrassismus gegen die als "slawisch" ausgegrenzten Bevölkerungsanteile Koroška/Kärntens und dem "Abwehrkampf" gegen den Bolschewismus mit dem Hass auf die "kommunistischen Tito-PartisanInnen", deren massgeblicher Beitrag zur Befreiung Koroška/Kärntens vom Nationalsozialismus ausgeblendet wird.
Täterschutz und Täterhilfe
Während die Mörder von einst strafrechtlich nicht verfolgt wurden und sich ihre "Dienstjahre" für die Pension anrechnen können, wird die Entschädigung von NS-Opfern, Deserteuren und PartisanInnen in Österreich bis heute verzögert. Opfer von Wehrmachtsverbrechen haben bis heute gar keine Chance Entschädigungen zu bekommen, da z.B. Massaker an der Zivilbevölkerung nach Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte "Ausdruck staatlicher Souveränität" darstellen. Ins offizielle Geschichtsbild von Soldaten, die der "Kameradschaft" sowie zu "Ehre und Treue" dem Vaterland gegenüber verpflichtet sind, passt die Tatsache nicht, dass die Opfer des NS-Vernichtungskriegs definitiv nicht "ungeplant" sondern Teil der bewussten antisemitischen und rassistischen Kriegslogik waren. Weil die Länder der TäterInnen - Österreich und Deutschland - nach wie vor nicht bereit sind für die Verbrechen der Wehrmacht Verantwortung zu übernehmen, werden in naher Zukunft Entschädigung aller Opfer der SS und Wehrmacht kaum realisiert werden. Bis es schlicht zu spät ist.
Akzeptieren und Gosch'n halten? Mitnichten: Kein Vergeben, kein Vergessen!
Wir rufen daher alle AntifaschistInnen und AntimilitaristInnen zur Teilnahme an den geplanten Protestveranstaltungen gegen die Traditionspflege der "Heimkehrer" am 14.-16. September 2007 auf. Auch heuer wollen wir dazu beitragen, dass dieses Soldatentreffen gebührend gewürdigt wird!
Gegen revisionistische Opfer-Mythen!
Für die Auflösung des Ulrichsbergtreffens!
Für die Bestrafung der letzten lebenden Kriegsverbrecher!
Für die Errichtung von Deserteurs- und PartisanInnendenkmäler!
Für die sofortige Entschädigung aller NS-Opfer!