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Kameraden im Regen

2005 - der Ulrichsberg ruft! - und um die 1.000 Unverbesserliche folgen. Bei strömendem Regen lauschen sie im Festzelt gleich beim Parkplatz beim "Kollerwirt" den salbungsvollen Worten derjenigen, die sich für Vordenker der rechten Sache halten. Das klingt dann zum Beispiel so:

"[...] Der Mensch betrachte sich von innen, dazu soll dieses Kreuz uns dienen." (Prologgedicht von Peter Mussi)

... da wird selbst ein Wolf Martin, selbsternannter Heimatdichter der Kronen Zeitung, erblassen! Wo weder solch hehre Worte, noch das von eigens dafür abgestellten Ulrichsberglerinnen kredenzte Schnapserl (das Glas teilt man sich - man ist ja unter Kameraden) mehr gegen Nässe und Kälte ankommen, kann Kamerad sich immer noch am Anblick der Orden wärmen, die hier stolz zur Schau getragen werden. Keine Frage: Selbst der Opernball kann es in Sachen Ordensdichte nicht mit dem Ulrichsberg aufnehmen (- besonders nicht in Sachen Orden, die für das Abschlachten anderer Menschen verliehen wurden, doch davon soll an einem solchen Festtag nicht die Rede sein).

Der Obmann der Ulrichsberggemeinschaft, Peter Steinkellner, macht seine Sache gut: nur zweimal muss er sich nach der Begrüßung der Ehrengäste entschuldigen und Versäumnisse nachtragen - eine us-amerikanische Abordnung unter Captain Gary Cooper [!], deren Anwesenheit im Folgenden auch nicht weiter erklärt wird, ist schließlich unter Wehrmachtsveteranen dermaßen alltäglich, die kann schon mal vergessen werden. Doch solange die wesentlichen Personen, wie die Vertreter der Kameradschaft der SS-Division Charlemagne, bedacht werden, ist nichts Schlimmes geschehen. Langsam füllt sich auch das Festzelt, nachdem die Busse der UlrichsberglerInnen die Demonstration an der Straße passieren konnten.

Was als Verein etwas auf sich hält, hat neben einem Obmann auch einen Präsidenten - so auch die Ulrichsberggemeinschaft. Daher tritt nun der ehemalige sozialdemokratische Landeshauptmannstellvertreter Rudolf Gallob ans Mikrofon, das ihm erst nach einiger Zeit gequält den Dienst verweigert (Sabotage?!). Da ist Gallob grade bei den Protesten vor dem Zelt angelangt, die er als Verschwörung einer "weiblichen Person", einer "Polithexe", sieht, deren "unqualifizierte Aussagen" den Kameraden und seine ZuhörerInnen richtig auf die Palme bringen. Der Präsident löst noch rasch das Problem des globalen Terrorismus ("man muss denen die arm sind so viel geben, dass sie wenigstens bescheiden leben können"), dann tritt schon der "Hausherr" ans Rednerpult. Leopold "Graf" Goess lässt "einige unorthodoxe Bemerkungen" vom Stapel, deren Sinn sich auch aufmerksamen ZuhörerInnen nur teilweise erschließt (sh. dazu "Graf" Goess bzw. Goess im O-Ton). Guten Eindruck macht allerdings sein kollektiver Freispruch für verstorbene SS-Angehörige. Acht Mal erwähnt Goess im Zuge seiner Rede "das Leid" und immerhin vier Mal "das Unglück" des Krieges - doch im Unterschied zu seinem Nachredner weiß Goess, was sich gehört: Leiden tun Soldaten, deren Väter, Mütter, Schwestern und Kinder - punkt. Da fühlen sich die Kameraden verstanden.

Als dann ÖVP-Landesrat Josef Martinz zur Festrede antritt, liegt die Latte hoch - und Martinz versagt kläglich. Zuerst eine lauwarme Verurteilung der "Kollektivschuld" unter Berufung auf Viktor Frankl und viel Geschwafel über das Gute und das Böse in uns - aber naja, mit PolitikerInnen sind Kameraden ja Kummer gewöhnt. Doch dann: eine Verurteilung der Verbrechen der Totenkopf- und Waffen-SS, das Wort "Auschwitz" fällt, und selbst den "Befehlsnotstand" will Martinz nur bedingt gelten lassen! Welche Beleidigung, welch Skandal! Vor allem aus den hinteren Reihen verlassen die BesucherInnen in Scharen murrend das Festzelt, um sich im Wirtshaus von diesem Schock zu erholen. Die Ehrengäste aus den vorderen Reihen, denen eine rasche Flucht verwehrt ist, blicken nervös um sich. Da hilft es nichts mehr, dass Martinz im zweiten Teil seiner Rede alle Register zieht - vom Vater, der sich nach seiner Kriegsgefangenschaft nicht mehr nach Jugoslawien traute, bis zur opfervollen Pflichterfüllung der Kriegsgeneration und der wichtigen Rolle des Ulrichsbergs für die Entwicklung der Europäischen Union... Präsident Gallob rettet die Feier, indem er anschließend im Namen der Ulrichsberggemeinschaft festhält: "[...] die ehemaligen Teilnehmer der Waffen-SS sind Soldaten und sie sind am Ulrichsberg gerne willkommen." Da ist die Erleichterung unter den Kameraden deutlich spürbar.

⇒ Volltext der Reden vom Ulrichsberg