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erschienen in: Bildpunkt - Zeitschrift der IG Bildende Kunst (Herbst 2007)

Nie wieder Ulrichsberg!

Eindrücke von den Antifaschistischen Aktionstagen in Klagenfurt/Celovec 2007

Jedes Jahr im Herbst ist der Ulrichsberg in der Nähe von Klagenfurt/Celovec Schauplatz einer gespenstischen Veranstaltung: mehrere Hundert Alt- und Neonazis, Burschenschafter, Mitglieder von Kameradschaftsverbänden, Landsmannschaften und deutschnationalen Heimatverbänden treffen sich hier um ihren gefallen „Kameraden“ aus Wehrmacht und Waffen-SS zu gedenken. Seit einigen Jahren allerdings nicht mehr ungestört – Demonstrationen, Aktionen und Recherchearbeit machen den Rechten und Rechtsextremen das Leben schwer.

Viele gute Gründe dagegen zu sein
Es gibt mehr als einen Grund, dem Ulrichsbergtreffen das am Sonntag, 16. September 2007 zum 49. Mal stattfand, Widerstand entgegenzusetzen. Das Treffen steht, wie kaum eine zweite Veranstaltung, als Symbol für die Verbindung verschiedener Inhalte zum revisionistischen Kärntner Konsens: Zunächst ist die sogenannte Heimkehrergedenkstätte am Ulrichsberg mit ihrem „Ehrenhain“, in dem Tafeln u.a. dem Gedenken an verschiedenen Wehrmachts- und SS-Einheiten (darunter viele „Europäische Freiwillige“, also SS-Truppen aus verschiedenen europäischen Staaten), der SS-ärztliche Akademie in Graz oder den Ritterkreuzträgern (höchste militärische Auszeichnung des NS-Staates) gewidmet sind, an sich ein skandalöses Symbol der Glorifizierung des Nationalsozialismus. Dazu kommt das dementsprechende Publikum: zwischen Kärntner PolitikerInnen tummeln sich Neonazis aus den Freien Kameradschaften, MitarbeiterInnen des NPD-Verlags Deutsche Stimme und Veteranen des Zweiten Weltkriegs, die bis heute den deutschen Angriffs- und Vernichtungskrieg zum Verteidigungskrieg gegen „den Bolschewismus“ umlügen wollen. Auf dem Ulrichsberg zeigt sich aber – trotz vorsichtiger Modernisierungsbemühungen – auch eine rabiate Frontstellung gegen die slowenischsprachigen KärntnerInnen, die mit Rückgriff auf den Mythos des Kärntner „Abwehrkampfes“ legitimiert wird. Es ist nur konsequent, dass das größte Feindbild der UBG bis heute die Kärntner und slowenischen PartisanInnen und ihr Beitrag zur Befreiung vom Nationalsozialismus sind.

Des Soldaten Ehre...
„Des Soldaten Ehre ist seine Treue“, dieser leicht abgewandelte Wahlspruch der SS ziert eine der Tafeln im „Ehrenhain“ – und das österreichische Bundesheer scheint da keineswegs anderer Meinung zu sein. Bis heute stellt das Militär nicht nur Fahrzeuge zur Verfügung um TeilnehmerInnen der Ulrichsbergfeier auf den Berg zu karren, sondern postiert auch eine Ehrenwache vor der Kirchenruine und sorgt für die musikalische Untermalung der Feierlichkeiten sowie – in Gestalt von Militärseelsorgern – für die spirituelle Seite. Militärpressesprecher Kronhofer argumentierte im Zuge einer Presseaktion, die von antifaschistischen AktivistInnen im Vorfeld der Proteste gegen das Ulrichsbergtreffen durchgeführt wurde, allen Ernstes, dass das Bundesheer am Ulrichsberg einen „antifaschistischen Beitrag“ leisten würde. Dass der sozialdemokratische Verteidigungsminister Darabos anscheinend nicht vorhat etwas an diesem Zustand zu ändern, kann verwundern – immerhin untersagte er im Frühling 2007 Militärangehörigen die Teilnahme an der Gebirgsjägerfeier im bayrischen Mittenwald, bei der es längst nicht so offen nazistisch zugeht wie am Ulrichsberg. Es muss als Hohn verstanden werden, wenn Darabos einen Tag nach der Feier am Berg in der Klagenfurter Khevenhüllerkaserne eine Gedenktafel für die Opfer des dortigen Konzentrationslager enthüllt, während tags davor seine Soldaten Ehrenwache vor Tafeln stehen, auf denen sich ehemalige SS-Einheiten „dankbar“ an ihren Aufenthalt in eben dieser Kaserne erinnern. So begrüßenswert das Gedenken an die Opfer des „vergessenen“ Konzentrationslagers ist, dessen Realisierung den jahrelangen Anstrengungen von kritischen Kärntner HistorikerInnen zu danken ist, so wenig kann diese Doppelmoral akzeptiert werden.

Vielfältige antifaschistische Aktionen
Um gegen den braunen Kärntner Konsens vorzugehen sorgten AntifaschistInnen schon ab Freitag in Klagenfurt/Celovec für vielfältige Aktionen. Den Auftakt bildete eine Demonstration, bei der um die 250 TeilnehmerInnen lautstark und bunt ihre Forderung nach Freiräumen in der miefigen Kärntner Landeshauptstadt vertraten. Die Gelegenheit zur direkten Konfrontation mit der Ulrichsberggemeinschaft bot sich dann Samstag Vormittag, als einige AntifaschistInnen spontan eine angekündigte Schifffahrt der UBG blockierten. Im Liegestuhl oder Federball spielend wurde der Steg besetzt, bis die rechte Gesellschaft von der Exekutive zu einer anderen Ablegestelle umgeleitet wurde. Doch auch auf dem Wasser konnten sie sich nicht sicher fühlen: von Elektrobooten aus schallten PartisanInnenlieder über den See und Transparente machten deutlich, was AntifaschistInnen von ihnen halten: „RevionistInnenpack, widerliches!“ Ernsthaft ging es Nachmittags in der Buchhandlung Hacek zu, die ihre Räumlichkeiten für eine vom Historiker Valentin Sima moderierte ZeitzeugInnenveranstaltung zur Verfügung stellte. Romana Verdel und Theresia Pörtsch, zwei Kärntner SlowenInnen berichteten hier in beeindruckender Weise von ihren persönlichen Erfahrungen im Nationalsozialismus, aber auch mit den Kärntner Zuständen nach 1945 – von SlowenInnenfeindlichkeit, die sich bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit breit machte; vom sogenannten "Ortstafelsturm" 1972, von Anfeindungen, aber auch von den Spannungen zwischen slowenischsprachigen KärntnerInnen, von denen manche sich selbst als "Windische" definierten und versuchten die deutschsprachigen KärntnerInnen an SlowenInnenfeindlichkeit noch zu übertreffen. Abends brachen einige AntifaschistInnen spontan nach Krumpendorf auf um dort gegen das berüchtigte Treffen der Kameradschaftsverbände und ähnlicher Gestalten zu protestieren. Durch massive Polizeipräsenz am Bahnhof Krumpendorf wurden sie allerdings an der Ausübung ihres Rechts auf Versammlungsfreiheit gehindert – es kam zu brutalen Schlagstockeinsätzen, Tritten und Faustschlägen von Seiten der Polizei. Die AntifaschistInnen wurden brachial abgedrängt, bis selbst der Polizei – angesichts der lebensgefährliche Situation, in die sie die Menschen, die dichtgedrängt an der äußersten Bahnsteigkante zu stehen kamen, gebracht hatte – mulmig wurde. Bei der – von der Ulrichsberggemeinschaft in ihrem offiziellen Programm angekündigten – Veranstaltung im Gemeindesaal von Krumpendorf zeigte sich übrigens deutlich, was von den wiederholten Beteuerungen der UBG, sie habe sich von der Kameradschaft IV (Kameradschaft der Waffen-SS) distanziert, zu halten ist: ein Vertreter eben dieser KIV hielt hier einen eigenen Redebeitrag, der an Deutlichkeit in Sachen Rechtsextremismus nichts zu wünschen übrig ließ. Als hätte es noch weiterer Beweise für das nach wie vor bestehende enge Verhältnis bedurft, hing tags darauf im anlässlich der Ulrichsbergfeier geöffneten „Ehrenhain“ ein frischer Kranz, „in treuem Gedenken“ gewidmet von der Kameradschaft IV Landesverband Steiermark – Südburgenland. Doch auch die Bergfeier wird den alten und jungen Rechten von AntifaschistInnen vermiest. Kein Redner bei der Veranstaltung, der nicht auf die DemonstrantInnen Bezug genommen hätte, die die Auffahrt auf den Berg kräftig verzögern und die vorbeifahrenden Veteranen und ihre ideologischen Nachfahren mit Parolen eindecken. Auch der martialisch über der Landschaft kreisende Polizeihubschrauber ist da machtlos. Nächstes Jahr will die Ulrichsberggemeinschaft das 50. Jubiläum ihrer Gedenkstätte begehen – wer Rechtsextremismus und NS-Verherrlichung ablehnt, kann sich schon jetzt zu den Antifaschistschen Aktionstagen 2008 eingeladen fühlen.

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