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Kein Platz für antifaschistisches Gedenken in Kärnten/Koroška

Die Verbrechen der nazistischen Gewaltherrschaft gehören zu den größten Gräueltaten der jüngeren europäischen Geschichte. Der deutsche Faschismus mit all seinen Anhängerinnen verübte die menschenverachtendsten Verbrechen gegen ethnische, religiöse und andere Minderheiten. Auch in Kärnten/Koroška sollte mit der Massenvertreibung der slowenischen Bevölkerung die "Kärntner Frage" ein für allemal gelöst werden. Die "Germanisierung" begann zunächst mit Verboten slowenischer Vereine und Organisationen sowie der slowenischen Wochenzeitung; der Abwicklung bzw. Überführung slowenischer Genossenschaften in deutsche. Slowenisch als Alltagssprache wurde im öffentlichen Raum verboten. Diese Politik der "Germanisierung" war keine Erfindung des "Deutschen Reiches" und seiner Organe in Berlin. Die Idee einer "nationalen "Bereinigung" hatte in Kärnten/Koroška bereits Tradition, und so konnte sich das NS-Regime auf bewährte MitarbeiterInnen und einen Grundkonsens in der Mehrheitsbevölkerung stützen (1).

Der zweite Schritt der ethnischen Säuberung wurde mit dem Überfall der Nazis auf Jugoslawien im April 1941 eingeleitet: massive Vertreibungen der Bevölkerung aus Oberkrain, Steiermark und des slowenischen zweisprachigen Kärntens. Auf Anweisung von Kärntner Nazis wurden über 2.200 Personen nach Serbien deportiert. Am 14. April 1942 verschleppten motorisierte Abteilungen des Reservepolizeibataillons 171 und bis an die Zähne bewaffnete SS-Truppen auf Viehlastern über 900 Personen (angehörige der slowenischen Minderheit) in das Sammellager in Ebental.(2)

Die Menschen wurden gezwungen der Enteignung ihres Besitzes "freiwillig" zuzustimmen und wurden daraufhin in speziell vorbereitete Arbeitslager in Deutschland ausgesiedelt.

Durch dieses brutale Vorgehen durch die Behörde wurde der bereits seit 1939 bestehende Widerstand gegen das Nazi-Regime verstärkt.Die gewaltsame Vertreibung hatte nicht den von den Obrigkeiten gewünschten Effekt. Anstatt dem Assimilierungsdruck nachzugeben, fanden sich im gemischtsprachigen Gebiet in Kärnten immer mehr Menschen, die dazu bereit waren, mit der Waffe in der Hand gegen die Nazis zu kämpfen.

Ein Grund sich für den Widerstand zu entscheiden war gewiss auch die Tatsache, dass die PartisanInnen Erfolge zu verzeichnen hatten. Ende August 1942 wurde z.B. das sogenannte "Krajnc Bataillon", das über Kärnten in die Untersteiermark zu gelangen versuchte, bei Robesch/Robeže (Gemeinde Gallizien/občina Galicija) von einer SS Einheit überfallen. Die Attacke wurde jedoch erfolgreich abgewehrt und die Angreifer erlitten starke Verluste. Solche Nachrichten machten die WiderstandskämpferInnen vor allem unter der slowenischensprachigen Bevölkerung immer populärer, und viele Kärntner SlowenInnen erkannten, dass bewaffneter Widerstand nicht nur dringend notwendig, sondern auch machbar ist. Die Gegenwehr erfolgte auf den mannigfachen politischen und ideologischen Grundlagen. Es war der gemeinsame Wille von SozialistInnen, KommunistInnen und kirchlich Konservativen, die totalitäre Hitler-Diktatur zu stürzen.

Die PartisanInnentätigkeit wurde immer stärker. Teile Kärntens, wie zum Beispiel die Umgebung von Eisenkappel/Železna Kapla, wurden von den Nazis wegen der zahlreichen Deserteure und UnterstützerInnen des Widerstandes, als feindliches Territorium betrachtet. Nachdem Flugblätter gefunden wurden, die in Kärnten/Koroška entstanden waren, wurde der Befehl erteilt, die "Verräter" zu vernichten. Systematisch deckten die FaschistInnen die Organisationsstruktur der Befreiungsfront auf. Im Spätherbst 1942 wurde eine große Anzahl der "Staatsfeinde" von der Gestapo arretiert: 135 Personen wurden bei der Staatsanwaltschaft angeklagt und unzählige Freiheitsstrafen verhängt. Die Vorwürfe reichten von aktivem Widerstand bis Unterstützung (z.B. Kuriere). Aus Berlin reiste der Volksgerichtshof nach Klagenfurt/Celovec und verhängte 13 Todesurteile gegen AntifaschistInnen, die am 29. April 1943 in Wien durch Enthauptung exekutiert wurden.

"Kleine" Aktionen mit großer Wirkung
Im Frühling des Jahres 1943 formierte sich in Kärnten/Koroška das 1. Kärntner Bataillon (militärischer Verband) der OF (Osvobodilna Fronta – Befreiungsfront). Bis August desselben Jahres umfasste sie - ein in vier Gruppen geteiltes Bataillon - um die 320 WiderstandskämpferInnen, die vorwiegend aus Kärnten/Koroška und Slowenien stammten. Ebenfalls im Frühjahr wurde das 2. Kärntner Bataillon im Rosental/Rož gegründet. Durch Sabotageakte und Überfälle konnten die PartisanInnen immer wieder Pläne der Nazis vereiteln. Eine sehr bedeutende Aktion gelang im Mai 1943 in Feistritz im Rosental/Bistrica v Rožu. Dabei zerstörten sie die Akkumulatorenfabrik Jungfer, steckten ein Sägewerk in Brand und befreiten über 40 ZwangsarbeiterInnen, die sich daraufhin den PartisanInnen anschlossen. Außerdem steckten die PartisanInnen u. a. einen SS-Stützpunkt auf der Saualpe in Brand, vernichteten Traktoren, zerstörten etliche Telefonmasten und einen Teil der Bahnstrecke zwischen Kühnsdorf/Sinča vas und Eisenkappel/Železna Kapla. Überdies halfen PartisanInnen auch entflohenen Häftlingen des KZ Loibl und abgestürzten alliierten Fliegern. Die Bedeutung solcher Aktionen war sehr groß, da sie der deutschen Kriegswirtschaft großen Schaden zufügten. Immer mehr Soldaten musste Hitler nach Kärnten/Koroška schicken, die ihm dann aber an der Ostfront fehlten.

"Volksverräter" bis heute
Die Nazis gingen bei der Bekämpfung der AntifaschistInnen mit äußerster Brutalität vor. "Dem Sorli Ciril hatten sie auch die Beine in die Kohle geworfen, der war nackt, ausgezogen, der war dick und die Beine waren ihm geschmolzen, das Fett rann weg, er war furchtbar zugerichtet. Aufgeschnitten, der Bauch aufgeschnitten, die Gedärme lagen daneben, so lag er dort, die Geschlechtsorgane weggeschnitten. Einer hatte ihm noch die Arme zu den Schultern dazugelegt, aber als wir ihn begruben, sahen wir, daß der Arm abgeschnitten war."(3)

Nicht nur aktive KämpferInnen und UnterstützerInnen wurden verhaftet, misshandelt und ermordet, auch gänzlich unschuldige ZivilistInnen wie die 11 Mitglieder der Peršman Familie - von Kleinkindern bis zur Großmutter – wurden am 25.4.1945 von einer SS-Truppe bestialisch ermordet. Im Februar 1945 wurden zur Abschreckung der Bevölkerung acht Leichname misshandelter PartisanInnen einige Tage lang in St. Jakob im Rosental/Šentjakob v Rožu neben die Straße gelegt. Durch die propagandistische Dämonisierung des Widerstandes und die gleichzeitige Androhung von Konsequenzen bei nachgewiesener Unterstützung, sollte die Bevölkerung zur Treue gegenüber den nationalsozialistischen MachthaberInnen gewissermaßen "erzogen" werden. Nicht nur Medien, sondern auch die Verwaltung, Exekutive und das Militär bevorzugten im Zusammenhang mit den AntifaschistInnen Ausdrücke wie "Verräter", "Bandit", "Bandenunwesen" uäm. und festigten damit das Bild, das sich die Bevölkerung von den PartisanInnen zu machen hatte. Auch heutzutage bedienen sich rechte Gruppen noch dieser Ausdrucksweise. Während sich Jahr für Jahr ehemalige hochrangige Nazis und ihre MitläuferInnen auf dem Ulrichsberg treffen, um ihrer "gefallenen Kameraden" und deren "Dienst für die Heimat" zu gedenken, werden AntifaschistInnen bis heute aufs Schärfste diskreditiert. "Eidesbruch" und "Landesverrat" wird ihnen vorgeworfen. Dass es jedoch die WiderstandskämpferInnen waren, die - vor allem in Kärnten/Koroška - einen wesentlichen Beitrag zur Kapitulation des faschistischen Regimes leisteten, wird bewusst verschwiegen.

Kein Recht auf antifaschistisches Gedenken
Geht mensch davon aus, dass Denkmäler im Allgemeinen eine Hierarchie von Normen und Werten symolisieren, so kann Kärntens Denkmallandschaft auch als Spiegelbild realpolitischer Machtverhältnisse zwischen Mehrheit und Minderheit gesehen werden. Neben der "Europa – Gedenkstätte Ulrichsberg" und anderen protzigen Denkmälern, die an ein germanisches Kärnten erinnern sollen (z.B. das Abwehrkämpfer Denkmal in St. Jakob im Rosental/Šentjakob v Rožu, das zu den größten in Kärnten zählt), wird antifaschistischen Gedenkstätten kein öffentlicher Platz gegeben.

De facto gibt es laut PartisanInnenverband in Kärnten/Koroška, 53 antifaschistische Gedenkorte. Davon befinden sich 44 auf Friedhöfen und sind daher eher eine Form von Ehrengräbern, so dass ihre öffentliche Bedeutung relativ gering bleibt. Die anderen neun befinden sich meist in "versteckten" Wäldern oder auf Privatgrundstücken. Schuld daran ist die, in der Nachkriegszeit begonnene, revisionistische Propaganda von Kärntner PolitikerInnen und der Heimatverbände, laut welcher PartisanInnendenkmäler der Ausdruck einer arroganten und privilegierten Minderheit seien. Gleichzeitig würden "PartisanInnenverbrechen" verherrlicht werden und somit die Denkmäler eine laufende Provokation für die "deutschkärntner" Bevölkerung darstellen.(4) Um eine solche Provokation bei den KärntnerInnen erst zu entfachen, wurde das erste PartisanInnendenkmal in Kärnten/Koroška, das 1947 am St. Ruprechter Friedhof errichtet wurde, im September 1953 von deutschgesinnten Einheimischen gesprengt. Das Denkmal galt der Erinnerung an 83 WiderstandskämpferInnen, erreichte jedoch österreichweit mediale Aufmerksamkeit, da es antifaschistischen KämpferInnen aus acht Nationen gewidmet war. Erst dreißig Jahre nach der Sprengung, wurde das Denkmal originalgetreu vom PartisanInnenverband ohne staatliche Beteiligung, am Peršman-Hof in Gedenken an die dort ermordete Familie, wiedererrichtet und wurde somit marginalisiert. Ebenso wurde das 1973 errichtete Denkmal in Robesch/Robeže, das an das erste erfolgreiche PartisanInnengefecht in Kärnten/Koroška erinnerte, schon nach zwei Wochen gesprengt. Auch hier wurde eine Wiedererrichtung vier Jahre lang bewusst hinausgezögert.

Anstatt dem antifaschistischen Kampf Platz in der Öffentlichkeit zu geben, werden in Kärnten/Koroška Naziverbrechen verharmlost. Denkmäler für die Opfer der PartisanInnen sollen, in den Köpfen der Bevölkerung das Bild verfestigen, dass "heimattreue" Soldaten gegen die "rote" Gefahr aus dem Süden gekämpft hätten. Kärntens hegemoniale revisionistische Politik, bekannt für Verfassungswidrigkeiten, verletzt damit einen weiteren Artikel des österreichischen Staatsvertrages. Konkret handelt es sich um den Artikel 19, wonach Österreich verpflichtet ist, alle Gräber, Embleme und Denkmäler zu achten, schützen und zu erhalten, die dem Ruhm jener gewidmet sind, die auf österreichischem Staatsgebiet gegen Hitler-Deutschland gekämpft hatten. Somit ist das Recht auf Erinnerung vor und mit PartisanInnendenkmälern auch verfassungsrechtlich garantiertes und geltendes österreichisches Recht.

Wenn sich also "Deutschkärntner" von antifaschistischem Gedankengut "provoziert" fühlen, wie haben sich dann all die Millionen von vertriebenen, deportierten und ermordeten Menschen zu fühlen, wenn sich RevisionistInnen auf dem Gipfel des Berges unter einem riesigem Kreuz trefft, um aus den TäterInnen Opfer zu machen?

Wir fordern die sofortige Auflösung des Ulrichsbergtreffens und die Errichtung von Deserteurs- und PartisanInnendenkmälern! Zahtevamo takojšno razpustitev srečanja na Ulrichsbergu in postavitev dezerterskih in partizanskih spomenikov!

Fußnoten
1) Brigitte Entner: Von widerständigem Verhalten zum PartisanInnenkampf - Link PDF
2) Pregnanstvo in Upor / Vertreibung und Widerstand, ZSI, 1982, S.36
3) DÖW: Spurensuche (Stefan Paul), S. 314
4) Lisa Rettl: Kampf um die Erinnerung (www.klahrgesellschaft.at/Mitteilungen/Rettl_1_06.html

Verwendete Literatur:
Pregnanstvo in Upor / Vertreibung und Widerstand, ZSI, 1982; Andrej Leben: V borbi smo bile enakopravne – Uporniške ženske na Koroškem v letih 1939-1955, 2003; Bogdan Žolnir/Mile Pavlin: Protifašistični odpor – Koroška od začetka vstaje do konca leta 1943, 1994; Josef Rausch: Der Partisanenkampf in Kärnten im Zweiten Weltkrieg, 1979; Internetquellen: www.doew.at; www.persman.at; www.brigitte-entner.net; www.klahrgesellschaft.at